Klimahysterie ist zum “Unwort des Jahres” 2019 gewählt worden. Mit dem Begriff würden Klimaschutzbemühungen und die Klimaschutzbewegung diffamiert und Debatten diskreditiert. “Er pathologisiert pauschal das zunehmende Engagement für den Klimaschutz als Art kollektiver Psychose.”, sagte Nina Janich, die Sprecherin der Jury.
Vertreter aus Politik, Wirtschaft und der Medienwelt hätten das Wort benutzt, darunter etwa AFD-Politiker Alexander Gauland. Der sagte im vergangenen Juni: “Die Klimahysterie der anderen Parteien wird die AfD nicht mitmachen.”
Weitere Vorschläge für das “Unwort des Jahres” waren unter anderem “Verschmutzungsrechte”, “Bauernbashing”, “Umvolkung” und “Ökodiktatur”.
Diskreditierung von Naturschützern auch in Bobenheim-Roxheim
Doch nicht nur Rechtsaußen-Parteien greifen auf stumpfe Kampfbegriffe wie “Klimahysterie” zurück, wenn es darum geht, Naturschützer in ein schlechtes Licht zu rücken. Das hat Bürgermeister Michael Müller mit seiner Rede auf dem Neujahrsempfang der Gemeinde am 12. Januar gezeigt. Dort hatte er sich auch zur Klage von BUND und NABU gegen den Bebauungsplan „Silbersee – Teilbereich Scharrau/Badestrand“ geäußert: Man werde sehen, so der Bürgermeister, ob sich der mehrheitliche, demokratische Wille der Bobenheim-Roxheimer Bevölkerung durchsetze oder ein “regelrechtes ökologisches Diktat mit unvorhersehbaren Folgen und unbekanntem Ausgang obsiegt”.
Die Formulierung “ökologisches Diktat” ist dabei nur eine geringfügige Abwandlung des Begriffs “Ökodiktatur”, der immer dann gerne genutzt wird, wenn Natur- und Klimaschützer diffamiert werden sollen.
Politische Kampfbegriffe spalten unsere Gesellschaft
Der Bürgermeister stellt in seiner Rede die Befürworter des Bebauungsplans als Mehrheit dar, die den demokratischen Willen der Gemeinde verkörpert. Die Opposition, so diese Logik, wolle alle anderen einem „ökologischem Diktat“ unterwerfen. Damit wird impliziert, dass diejenigen, die sich in unserer Gemeinde gegen ein Wellness- und Tagungshotel am Silbersee einsetzen, ihre Forderungen am liebsten diktatorisch umsetzen würden, ohne jegliche Rücksicht auf Andersdenkende. Wenn der Bürgermeister also hier das Gespenst der „Ökodiktatur“ heraufbeschwört, unterstellt er allen Gegnern des Bebauungsplans antidemokratische Tendenzen – was nicht dazu beiträgt, die ohnehin schon hitzige Debatte um dieses Thema auf ein sachliches, konstruktives Niveau zu bringen. Ganz im Gegenteil. Und dass seine Widersacher hier den Weg über die Gerichte gewählt haben, lässt sich wohl kaum als “ökologisches Diktat” auslegen.
Es bleibt abzuwarten, wie das Oberverwaltungsgericht Koblenz schließlich entscheiden wird. Doch sollte es den Bebauungsplan tatsächlich für nicht zulässig erklären, hat kein „ökologisches Diktat“ die wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde verhindert – wie es der Bürgermeister darzustellen versucht -, sondern die Gemeinde einen nicht mit den gültigen Gesetzen vereinbaren Bebauungsplan festgesetzt. In diesem Zusammenhang von einem „Diktat“ zu sprechen, halten wir nicht nur für unredlich, sondern kommt einer Verhöhnung rechtsstaatlicher Prozesse gleich.
Ungeachtet der verbalen Entgleisungen all jener, die uns in der Öffentlichkeit zu diskreditieren versuchen, werden wir uns auch weiterhin für Naturschutz in unserer Gemeinde und einen respektvollen Umgang miteinander einsetzen und darauf verzichten, Bürger zu diskreditieren, die unsere Meinung nicht teilen. Pauschalisierung, Phrasendrescherei und stumpfe Kampfbegriffe haben in einem zivilisierten politischen Diskurs keinen Platz.
Weiterlesen:
- “Klimahysterie – un(verant)wort-lich!?” von Sascha Bassing (Vorstandssprecher Bündnis ´90/Die Grünen KV Speyer)
- “Klimaproteste: Die Kritik am Grünen umgeht die Kernfragen” von Claudia Mäder für die Neue Zürcher Zeitung